Florian Gallenberger - Regisseur, Drehbuchautor & Produzent
Foto: Matthias Bothor
Oscar-Preisträger Florian Gallenberger (* 1972 in München) ist ein seit vielen Jahren in Deutschland etablierter und hoch angesehener Filmemacher, dessen filmisches Schaffen sich durch Genre-Vielfalt und große Wandlungsfähigkeit auszeichnet.
Seine Karriere begann Gallenberger in seiner Geburtsstadt München an der renommierten Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), wo ihn insbesondere das Studium bei Wim Wenders geprägt hat. 1995 sammelte er in der Zusammenarbeit mit Wenders an dem mehrfach preisgekrönten Spielfilm DIE GEBRÜDER SKLADANOWSKY nicht nur wichtige Erfahrungen für sein weiteres Schaffen, sondern lernte auch Kameralegende Jürgen Jürges kennen, mit dem er mehrere Filme umsetzen sollte. 1997 stellte er mit seinem Kommilitonen German Kral den Kurzfilm TANGO BERLIN fertig, der als einziger deutscher Beitrag im Wettbewerb der Filmfestspiele in Venedig lief und in Bukarest mit dem Preis für die „Beste Regie“ geehrt wurde. Inspiriert durch eine Reise nach Mittelamerika entstand 1999 sein Abschlussfilm QUIERO SER, in dem er den Überlebenskampf zweier Straßenkinder in Mexico City, der damals größten Metropole der Welt, thematisierte. Für QUIERO SER wurde Gallenberger nicht nur mit dem Oscar in der Kategorie „Bester Kurzfilm“ ausgezeichnet, sondern auch mit dem Studenten-Oscar für den besten fremdsprachigen Studentenfilm, als auch mit einer wahren Flut weiterer Preise im In- und Ausland.
Die Geschichte seines ersten abendfüllenden Spielfilms, der von niemand geringerem als Helmut Dietl produziert wurde, führte Gallenberger erneut weit weg von Deutschland: 2004 drehte er in Indien die Liebestragödie SCHATTEN DER ZEIT, die 2005 zwei Bayerische Filmpreise für den „Besten Erstlingsfilm“ und die „Beste Kamera“ gewann, als auch für zwei deutsche Filmpreise nominiert wurde.
Insgesamt vier Jahre, von denen er zwei in China lebte, arbeitete Florian Gallenberger an dem Kriegsdrama JOHN RABE. Der in Shanghai gedrehte Film mit Ulrich Tukur in der Titelrolle basiert auf den Lebenserinnerungen dieses äußerst mutigen, in China als „ewiger Buddha“ bis heute verehrten, ehemaligen Siemens-Managers, der 1937 während des von den Japanern an den Chinesen verübten Massakers von Nanking über 200.000 Menschen das Leben rettete. Zum internationalen Cast des Films gehörten Steve Buscemi, Anne Consigny, Zhang Jingchu, Teruyuki Kagawa und Daniel Brühl. JOHN RABE wurde bei der Berlinale 2009 uraufgeführt und gewann im selben Jahr nicht nur die Lola in Gold für den besten Film, sondern noch drei weitere deutsche Filmpreise (bei sieben Nominierungen) als auch zwei Bayerischen Filmpreise. Auch Gallenbergers nächster Film widmete sich einem historischen Skandal: Mit A-List-Star Emma Watson in der Hauptrolle, flankiert von Daniel Brühl und Michael Nykvist verfilmte er in Luxemburg und Argentinien 2015 mit COLONIA DIGNIDAD die Geschichte der verbrecherischen Machenschaften um den Sektenführer Paul Schäfer und seiner Kooperation mit dem Pinochet-Regime im Chile der 70er Jahre. Der Film feierte seine Weltpremiere auf dem Toronto Filmfestival, wurde mit dem Bayerischen Filmpreis als bester Film sowie fünf Nominierungen für den Deutschen Filmpreis geehrt. Doch der größte Gewinn des Films war, als der damals amtierende Außenminister Frank-Walter Steinmeier anlässlich einer Vorführung von COLONIA DIGNIDAD im Auswärtigen Amt in Berlin bekannt gab, dass der Film zu einem Umdenken in seinem Ministerium geführt habe. Steinmeier gab überraschend die bis dahin unter Verschluss gehaltenen Dokumente des Auswärtigen Amtes für die historische Auswertung des Skandals um die berüchtigte Colonia Dignidad frei. Es wurde ein offizieller Hilfsfond eingerichtet und endlich mit der schwierigen Aufarbeitung und Unterstützung für die Opfer begonnen.
Seit seiner Münchener Studienzeit verbindet Gallenberger eine enge Freundschaft mit Benjamin Herrmann, der fast alle seiner Filme produziert und in die Kinos gebracht hat. Gemeinsam mit Herrmann und Jan Mojto betreibt er die in Berlin und München ansässige Majestic Filmproduktion. Als Produzenten-Duo fungierten Florian Gallenberger und Benjamin Herrmann erstmals bei Christian Züberts mit deutschen Stars wie Florian David Fitz, Jürgen Vogel, Hannelore Elsner und Julia Koschitz besetzen Roadmovie HIN UND WEG, der 2014 in die Kinos kam. 2018 drehte Gallenberger mit Publikumsliebling Elmar Wepper die Tragikomödie GRÜNER WIRD’S NICHT, SAGTE DER GÄRTNER UND FLOG DAVON. Der Film handelt von einem typisch bayerischen Grantler, der, als er eines Tages vor dem finanziellen Ruin steht, kurzentschlossen in sein heißgeliebtes Propellerflugzeug springt und durchbrennt. Es folgte 2020 ein Ausflug zum Fernsehen für die von der Kritik gefeierte Siegfried-Lenz-Verfilmung „Der Überläufer“. Der Weltkriegs-Zweiteiler, den er mit Jannis Niewöhner in der Hauptrolle und u.a. Bjarne Mädel, Rainer Bock, Ulrich Tukur, Florian Lukas und Katharina Schüttler in weiteren Rollen inszenierte, wurde national mit zwei Bayerischen Fernsehpreisen und international als bester Film u.a. in Seoul und New York ausgezeichnet und in 80 Territorien weltweit verkauft. Im Herbst 2021 feierte sein jüngster Kinofilm, die Komödie ES IST NUR EINE PHASE, HASE mit Christoph Maria Herbst und Christiane Paul in den Hauptrollen beim Internationalen Filmfestival in Zürich Weltpremiere und kam kurz darauf trotz der Corona-Krise erfolgreich in die Kinos. Die Buchverfilmung widmet sich den Kuriositäten und Abgründen der Alterspubertät und wirft einen liebevoll ironischen Blick auf die Generation um die 50.
Für alle seine Filme hat Gallenberger neben seiner Tätigkeit als Regisseur das
Drehbuch geschrieben oder in Ko-Autorenschaft mitgeschrieben.
Aktuelle Projekte: kurz vor Dreh steht A PERFECT MATCH – eine internationale TV-Produktion, die die Liebesgeschichte von Steffi Graf und Andre Agassi erzählt. In der zweiten Jahreshälfte 2022 soll der Hessen-Tatort mit Ulrich Tukur folgen. MUROT UND DAS PARADIES wird ein weiterer höchst außergewöhnlicher Tatort um die skurrile Figur des Kommissar Murot sein, für den Gallenberger auch das Buch geschrieben hat. Für das kommende Jahr ist die internationale Verfilmung des Bestsellers ZEN IN DER KUNST DES BOGENSCHIESSENS geplant, für die Gallenberger gerade am Drehbuch arbeitet.
Gallenberger ist seit seinem Oscargewinn Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Los Angeles, als auch der Europäischen Filmakademie. 2011 wurde er von seiner Alma Mater zum Honorarprofessor ernannt und gab in den Folgejahren mehrere Drehbuch-Seminare an der HFF München. Von 2010 bis 2012 war er gemeinsam mit Benjamin Herrmann künstlerischer Leiter des Deutschen Filmpreises. Er ist Mitglied der internationalen Hochbegabten-Vereinigung „Mensa“ und tritt – wenn es seine Zeit erlaubt – auch als Keynote-Speaker in Erscheinung.
Florian Gallenberger gehörte darüber hinaus 2003 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie, der er seit April 2022 gemeinsam mit der Schauspielerin Alexandra Maria Lara als Präsident vorsteht. Sein Amt als Präsident möchte er unter anderem nutzen, um dafür zu kämpfen, dass dem deutschen Film eine größere Wertschätzung entgegengebracht wird. Gallenberger ist überzeugt, dass das Erzählen von hochwertigen Geschichten – egal ob im Kino, TV oder per Streaming – ein essentieller Beitrag zu einer funktionierenden und gesunden Gesellschaft ist und als solcher, auch von Seiten der Politik, stärker anerkannt werden muss.
Florian Gallenberger unterstützt verschiedene wohltätige Projekte, wie die SOS Kinderdörfer, EAGLES Charity e.V. oder die Ukraine Hilfe der Deutschen Filmakademie.